LAS Art Foundation

R&D: terra0 Wald

21. März 2023

Was würde es bedeuten, wenn Wälder sich selbst gehörten? Die Berliner Kunstgruppe terra0 ließ sich von der Frage inspirieren, ob Ökosysteme ähnliche Rechte wie Menschen haben sollten.

Wie kann eine Beziehung zwischen Menschen und Pflanzen aussehen, die weniger ausbeuterisch ist? Seit 2016 setzt sich die Gruppe mithilfe von neuen Technologien und Kunst mit dieser Frage auseinander. Angelehnt an die künstlerischen Traditionen von und , erschafft terra0 Werke, die unsere Beziehung zur Natur und Gesellschaft verändern wollen.

In früheren Arbeiten zeigten sie Pflanzen, denen verschiedene technische Geräte Handlungsfähigkeit ermöglichten, in einer auf den Menschen ausgerichteten Umgebung. So war das Werk Premna Deamon (2018) beispielsweise eine Skulptur aus einem lebendigen Bonsai, ausgestattet mit einem Sensor zur Kontrolle der Bodenfeuchtigkeit und -temperatur. Basierend auf diesen Daten überwachte ein Mini-Computer den Gesundheitszustand des Baumes. Diese Informationen kommunizierte der Bonsai über eine an Menschen und stellte Pfleger:innen ein, die ihn mit Wasser, Licht oder Nahrung versorgten. Er entlohnte diese Dienste aus seinem Budget an , das sich aus den Spenden menschlicher Besucher:innen der Ausstellung finanzierte. , ein Softwareprogramm, das digitales Geld verwaltet, ermöglichte den automatisierten Bezahlvorgang.

Ihr Werk Flowertokens (2018) brachte terra0 ihrem Ziel, einen Wald darin zu unterstützen, sich selbst zu gehören, ein Stück näher. Die Kunstgruppe pflanzte 100 Dahlien und verwandelte jede einzelne in ein digitales Kunstwerk. Sie wurden zu handelbaren , einzigartige digitale Tokens mit zugehörigen Bildern, die nicht repliziert werden können. Um die physischen Veränderungen der Pflanzen wie Wachstum und Gesundheit abzubilden, wurden die Dateien täglich aktualisiert. terra0 betrachtet diese Art Kunstwerk als einen Prototypen, der zeigt, wie Technologie nicht-menschlicher Lebewesen zu ökonomischer und juristischer Eigenständigkeit verhelfen kann. So könnten Pflanzen und sogar ganze Ökosysteme eines Tages als autonome Subjekte angesehen werden. Dies begreift die Kunstgruppe als einen zentralen Bestandteil einer ökologisch gerechten Welt, die sich vom Fokus auf den Menschen löst.

Inspiriert von dieser Vision arbeitet LAS mit terra0 zusammen, um das groß angelegte Waldkunstwerk zu verwirklichen. Dieses ehrgeizige Projekt erweitert und aktualisiert das ursprüngliche Konzept der Gruppe, indem es die tiefe Verflechtung zwischen Ökosystemen und sozialen Systemen genauer widerspiegelt und die Bedeutung menschlicher Akteur:innen beim Schutz und der Pflege des Waldes anerkennt. Das Werk wirft viele Fragen darüber auf, wie wir die Natur wertschätzen und welche Handlungsspielräume wir Nicht-Menschen zugestehen wollen. Es schlägt einen Weg vor, wie Menschen, Natur und Technologie zusammenarbeiten können, um ein gemeinsames Wachstum zwischen den Arten zu erreichen.

Kollektiv

terra0

Das Künstlerkollektiv terra0 untersucht, wie Wirtschaft und Ökologie miteinander verwoben sind. Seit seiner Gründung 2015 erforscht terra0, wie Ökosysteme zu wirtschaftlichen Akteuren werden und sich mit Fragen des kollektiven Eigentums auseinandersetzen können. Ihr erstes Werk, das terra0 white paper (2016), schlug einen sich selbst verwaltenden Wald vor, der mithilfe von Sensoren und Smart Contracts Abholzungs-Lizenzen verkauft und letztlich Kapital anhäuft. Spätere Arbeiten haben die im White Paper aufgestellten Thesen weiterentwickelt und reflektiert und rücken weiterhin das Potenzial neuer Technologien in den Mittelpunkt, um andersartige Eigentumsformen zu unterstützen und verschiedene Vorstellungen von Handlungsmacht (Agency) zu erforschen. In ihrer aktuellen Arbeit stellt terra0 Fragen zu Autonomie und Handlungsmacht in Kultur und Recht sowie zu neuartigen Eigentumsverteilungen und der Wertschätzung der natürlichen Welt innerhalb und jenseits des Markt-Kapitalismus.

terra0 wurde unter anderem bei der 58. Carnegie International in Pittsburgh, der 17. Internationalen Architektur-Biennale – La Biennale di Venezia, im Canadian Centre for Architecture in Montreal, The Shed in New York City, der Kunsthalle Zürich, dem Francisco Carolinum in Linz, dem Chronus Art Center in Shanghai, der Furtherfield Gallery in London, dem Schinkel Pavillon in Berlin und der Vienna Biennale ausgestellt.


[  terra0.org  ]
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