LAS Art Foundation

Pollinator Pathmaker: Sommerprogramm

Museum für Naturkunde Berlin Öffentliches Programm

Juni — August 2024

Im Laufe des Sommers 2024 präsentiert LAS Art Foundation eine Veranstaltungsreihe in vier Kapiteln – Alexandra Daisy Ginsbergs Pollinator-Pathmaker-LAS-Edition ist dabei thematischer Ausgangspunkt und Veranstaltungsort. Jedes Kapitel ist als dreistündiges Event konzipiert und beinhaltet neben einer kuratorischen Führung und einem Expert:innengespräch, ein gemeinsames Essen und eine performative Geste.

An vier Montagen zwischen Juni und August wird die LAS-Edition vor dem Museum für Naturkunde Berlin zu einem Ort des immersiven Austauschs und kollektiven Lernens. Gemeinsam wollen wir den Garten als lebendiges Kunstwerk entdecken und laden Forscher:innen und Praktiker:innen, darunter Konservator:innen, Biolog:innen und Philosoph:innen, zum Gespräch ein. Im Anschluss an die Beiträge serviert Künstlerin und Culinary Resident Chelsea Turowsky ein Probiermenü, das im Austausch mit dem Garten entstanden ist. Jeder Abend endet mit einer performativen Geste eines:r in Berlin lebenden Künstlers:in und einem gemeinsamen Akt der Fürsorge: Wir pflegen den Lebensraum von Pollinator Pathmaker und geben ihn an seine Bewohner, die bestäubenden Insekten, zurück.

Communities and Representation

29 Juli 2024, 18:00 — 21:00 Uhr

Daniela Zambrano Almidón, Nicole L'Huillier und Dr. Nike Sommerwerk

An einem blühenden Garten sind viele Akteure beteiligt. Wenn wir Zeit an einem solchen Ort verbringen, werden wir uns all der Verflechtungen zwischen nicht-menschlichen und menschlichen Wesen bewusst, die eine Landschaft ausmachen. Allerdings ist unsere Beziehung zur Natur auf Ausbeutung gegründet: oft gehen wir davon aus, dass wir grenzenlos von ihr profitieren können, ohne je etwas zurückzugeben.

Alexandra Daisy Ginsberg will unseren Blick auf Gärten verändern und sie als Gesten der Großzügigkeit gegenüber anderen Spezies positionieren. Für die Künstlerin ist das Gärtnern nicht nur ein Mittel, das Empathie erzeugen kann, sondern auch ein Weg, der Ausbeutung der Natur aktiv entgegenzutreten und unser Bewusstsein dafür zu schärfen, welchen Platz wir in einer Welt einnehmen können, die auf eine wechselseitige Beziehung gegründet ist.

Häufig sind es indigene Gemeinschaften, die sich für das Prinzip Gegenseitigkeit in unserem Verhältnis zur Natur starkmachen. Die einflussreiche Botanikerin und Schriftstellerin Robin Wall Kimmerer, die dem Volk der im Norden der Vereinigten Staaten angesiedelten Potawatomi angehört, beruft sich beispielsweise auf den Schöpfungsmythos der Himmelsfrau (einer aus dem Himmelsland herabgestiegenen Gestalt, die auf der Erde ein Neuankömmling ist), um die innige Beziehung ihres Volkes zum Land zu veranschaulichen, die auch zukünftigen Generationen Rechnung trägt:

“Knowing her grandchildren would inherit the world she left behind, [Skywoman] did not work for flourishing in her time only. It was through her actions of reciprocity, the give and take with the land, that the original immigrant became Indigenous. For all of us, becoming indigenous to a place means living as if your children's future mattered, to take care of the land as if our lives, both material and spiritual, depended on it.”

- Robin Wall Kimmerer: „Braiding Sweetgrass – Indigenous Wisdom, Scientific Knowledge and the Teachings of Plants”, Penguin Books, 2020, p. 9

Was hält uns davon ab, uns als Teil von Natur wahrzunehmen und uns dieser Verantwortung entsprechend zu verhalten? Was sind Vorbilder für Mensch-Natur-Beziehungen, die auf Gegenseitigkeit beruhen – und was können wir von ihnen lernen? Was sind die wissenschaftlichen, politischen, technologischen und spirituellen Hebel, um unsere Verbindung zur Erde neu zu gestalten?

Expert:innengespräch

Die Diskussionsteilnehmerinnen Daniela Zambrano Almidón, Nicole L'Huillier und Dr. Nike Sommerwerk erörtern diese Fragen aus indigener Sicht, aus künstlerischer Perspektive und mit Blick auf Rituale und Biodiversitätsforschung. Die dekoloniale Praxis der interdisziplinären Quechua-Künstlerin und -Forscherin Daniela Zambrano Almidón basiert auf der individuellen und kollektiven Restitution kultureller Werte aus der Quechua-Amazonas-Region. Ihr Schwerpunkt liegt dabei auf nachhaltiger Nahrungsmittelproduktion und traditionellen Techniken der Erneuerung von Gemeinschaft durch erdbezogenes Kochen. Die transdisziplinäre Künstlerin und Forscherin Nicole L'Huillier arbeitet mit Klang, Vibration und Resonanz, um der Wirkmächtigkeit nicht-menschlicher Lebewesen nachzuspüren. Durch die Verbindung neuer technologischer Mittel und uralter Techniken weist ihre Praxis über anthropozentrisch geprägte Perspektiven hinaus und zeigt uns stattdessen dekoloniale Konzepte auf, um uns zur Welt in Beziehung zu setzen. Als Co-Leitung des Forschungsclusters NaturBerlin, einer Einrichtung am Museum für Naturkunde Berlin, konzentriert sich Dr. Nike Sommerwerk auf die Analyse biologischer Vielfalt in Städten und deren Wandel. Als Leiterin des Biodiversity Policy Lab (BPL) berät sie gemeinsam mit Kolleg:innen zu Fragen der Biodiversitätspolitik und initiiert öffentliche Debatten rund um biologische Vielfalt.

Kulinarische Komponente

Culinary Resident Chelsea Turowsky serviert ein Häppchen-Menü, welches aus ihrer einmonatigen Auseinandersetzung sowohl mit dem Boden als auch speziesübergeifender Kommunikation entstanden ist.

Performative Geste

Als ihren Beitrag zu Communities and Representation entwickelte Nicole L'Huillier einen Hör- und Klangapparat, den sie Pétalo nennt. Der Klangstab reagiert empfindlich auf alles, was mit seiner blütenblattförmigen Membran in Berührung kommt. Er erfasst und verstärkt all jene Stimmen im Garten, die unsere Aufmerksamkeit wollen – den Klang des Bodens, die Lauten der Pflanzen und die Geräusche all der nicht-menschlichen und menschlichen Besucher:innen, die dort zusammenkommen. Mit dieser Fähigkeit ausgestattet, versucht das Gerät, die Resonanzen zwischen allen an diesem Ort versammelten Gemeinschaften aufzudecken. Welches Lied mögen sie singen? In einer vom Pétalo angeführten Prozession sind die Teilnehmer:innen eingeladen, zuzuhören und mit eigenen Bewegungen zu reagieren. Nicole L'Huillier beschreibt es so:

„Das Lied, das wir an diesem Ort hören, ist unser Lied. Wir halten einander im Auf- und Abschwellen der Interferenzen und gekreuzten Signalen. Wir bilden einen Schwingungsgarten.”

Future Public Spaces

26 August 2024, 17:00 — 21:00 Uhr

Weitere Informationen folgen zeitnah.

Vergangene Veranstaltungen

Modes of Preservation

3 Juni 2024, 17:00 21:00 Uhr

Prof. Dr. Carolin Bohlmann, Paul Seidler und Omsk Social CluB

Welche Formen menschlicher Fürsorge sind notwendig, um ein (lebendes) Kunstwerk zu erhalten? Mit ihrem Vorschlag, Kunst für bestäubende Insekten mittels lebendiger Pflanzen zu schaffen, hinterfragt Alexandra Daisy Ginsberg eine traditionell menschenzentrierte Definition von Kunst. Im Fall von Pollinator Pathmaker sind Menschen jedoch weder Autor:innen noch Adressat:innen der lebenden Skulpturen, sondern vielmehr die Versorgenden, deren Aufgabe es ist, die Elemente des Gartens im Gleichgewicht zu halten.

Expert:innengespräch

Die Editionen von Ginsbergs Pollinator Pathmaker werden von einem Algorithmus so optimiert, dass sie einer Vielzahl bestäubender Insekten Nahrung bieten. Sie fordern den Menschen dazu auf, in den Dienst anderer Arten zu treten und diesen künstlichen Zustand durch intensive Pflege zu erhalten. Prof. Dr. Carolin Bohlmann, Professorin am Institut für Konservierung und Restaurierung der Akademie der bildenden Künste Wien, hat in ihrer langjährigen Tätigkeit als Museumsrestauratorin mit Konservierungstechniken für organische und lebendige Materialien experimentiert, um sie innerhalb der Kunstinstitution zu erhalten. Dieser Ansatz wird durch einen Vorschlag des Kollektivs terra0 herausgefordert – er befragt, wie Blockchain-Technologien genutzt werden können, um Ökosysteme unabhängig von menschlichem Einfluss zu machen. Prof. Dr. Bohlmann und Paul Seidler, Gründungsmitglied von terra0, diskutieren die Rolle des Menschen und der von ihm entwickelten Technologien bei der Erhaltung künstlerischer und ökologischer Systeme. Was würde passieren, wenn wir den Menschen aus der Gleichung herausnehmen würden?

Kulinarische Komponente

Culinary Resident Chelsea Turowsky serviert ein Probiermenü, welches aus ihrer einmonatigen Auseinandersetzung mit Pollinator Pathmaker entstanden ist.

Performative Geste

Omsk Social Clubs neue Klangarbeit Just Us ist eine hyperperformative Wandererfahrung im Dialog mit Pollinator Pathmaker. Das Werk entfaltet sich als eine Partitur aus klanglichen und textlichen Elementen, die durch die verborgenen Pfade des Gartens führen und Räume für Introspektion bieten. Just Us erforscht, wie das Konzept der Freundschaft als Knotenpunkt zwischen botanischen, menschlichen und anderen Charakteren fungieren kann.

Zum Erleben des Werks werden ein Smartphone und Kopfhörer benötigt. Bitte bringt, wenn möglich, ein eigenes Gerät mit.


Aesthetics and Visual Ecologies

24. Juni 2024, 18:00 — 21:00 Uhr

Dr. Parul Singh, Prof. Dr. Michael ohl und Kianí del valle

Die meisten Pflanzen sind auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen. Farbe, Form und Duft ihrer Blüten haben sich entlang der Vorlieben ihrer Bestäuber entwickelt. Blumen blühen, um Insekten anzulocken, doch auch der Mensch reagiert auf ihre Schönheit. Indem Alexandra Daisy Ginsberg Kunst für Bestäuber macht, spekuliert sie über diese gemeinsame Eigenschaft: Erleben Insekten sinnlichen Genuss genauso wie wir, wenn wir einen Garten betrachten? Und wie haben Vorstellungen von Schönheit unser Verhältnis zur Natur geprägt?

Expert:innengespräch

Die optischen Eigenschaften der Pollinator Pathmaker LAS-Edition – die Farben der Blumen, die Muster ihrer Anordnung und die unterschiedliche Höhe der Pflanzen – werden durch die Weise bestimmt, wie Bestäuber nach Nahrung suchen. Für uns Menschen sind sie Merkmale eines Kunstwerks, das sich von anderen Gärten unterscheidet, eine künstlerische Sprache, die wir nach unseren eigenen Vorlieben beurteilen können. Die Kunsthistorikerin Dr. Parul Singh untersucht in ihrer Arbeit, wie Schönheitsempfinden mit Kultur und Machtstrukturen verknüpft ist. Ihre aktuelle Forschung konzentriert sich auf die Gärten von Qaiserbagh in Lucknow, Indien, die Mitte des 19. Jahrhunderts von König Wajid Ali Shah während der britischen Kolonialherrschaft angelegt wurden.

Prof. Dr. Michael Ohl ist einer der wissenschaftlichen Leiter der Hymenopteren -Sammlung (Wespen, Bienen und Ameisen) am Museum für Naturkunde Berlin. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit über Insekten, besonders Wespen, arbeitet Michael Ohl zur Theorie und Geschichte der Biologie und untersucht unter anderem, wie ästhetische Naturwahrnehmung die Evolutionsbiologie prägte. Dr. Parul Singh und Prof. Dr. Michael Ohl sprechen über nicht-menschliche und menschliche Landschafts- und Genusserfahrungen sowie über das komplexe Erbe des westlichen Ästhetikbegriffs.

Kulinarische Komponente

Culinary Resident Chelsea Turowsky serviert ein Häppchen-Menü, welches aus ihrer einmonatigen Auseinandersetzung mit den Sinnen und Geschmäckern von Bestäubern entstanden ist.

Performative Geste

Die Tänzerin und Choreografin Kianí del Valle präsentiert eine bewegungsbasierte Auseinandersetzung mit Pollinator Pathmaker, die sich mit Fragen der Anziehung zwischen verschiedenen Arten beschäftigt.

Biografien

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Künstler:in

Daniela Zambrano Almidón

Künstler:in

Nicole L’Huillier

Künstler:in

Dr Nike Sommerwerk

Künstler:in

Prof. Dr. Carolin Bohlmann

Künstler:in

Omsk Social Club

Künstler:in

Paul Seidler I terra0

Künstler:in

Dr. Parul Singh

Künstler:in

Prof. Dr. Michael Ohl

Künstler:in

Kianí del Valle

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Installation|20. Juni 2023 — 01. November 2026

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